Freitag, 2. Mai 2014

Der samtene Sog im TAM3

Vattaunsa war im TAM3 des Theaters Bielefeld bei der Premiere von "Der samtene Sog". (Das Stück wird am 7. und 14. Mai 2014 noch gespielt.)

Eine - imho - ganz großartige Leistung der jungen Teilnehmer am "Selbstauslöser"-Projekt des Jugend-Spielclubs am Theater Bielefeld!

Die Tragikomödie von Michael McKeever hat eine fesselnde Story: ausgehend von einer unbedeutenden Seitensprung-Affäre im Billighotel irgendwo in der Provinz, tauchen immer mehr Irre auf der Bühne auf: Zuerst der psychopathische, aber liebenswerte Max, der als Kinderstar ein Millionenpublikum gerührt und dabei als Erwachsener an seiner Seele Schaden genommen hat, weil er niemals gelernt hat, dagegen aufzubegehren. Dabei hat er aber einen untrüglichen Sinn für die Verlogenheiten seiner Mitmenschen entwickelt und die Chuzpe, es ihnen, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, ins Gesicht zu sagen.

Dann seine grundehrliche und ein wenig naive Schwester, die sich für ihren armen Bruder mit allen verfügbaren Mitteln einsetzt und selber gern ihr bisheriges Leben hinter sich lassen und ein neues beginnen würde mit Benjamin, der sich ohne Erfolg zu einem Seitensprungabenteuer aufgemacht hat und dem Treiben um ihn herum stellenweise nur wie gelähmt zusehen kann. Ebenso wie das unvermeidliche Dienstmädchen, das an allem überhaupt keinen Anteil zu nehmen scheint und als die einzig geistig intakte Person in diesem Stück gelten kann.

Der samtene Sog - Theater Bielefeld - Foto: Julia Laubig
Schwester Martha (Sina Schneider) und ihr Opfer
Max (Jan Quakernack) - Foto: Julia Laubig
Richtig gefährlich und oberirre wird es aber, wenn "Schwester Martha" auf der Bühne erscheint, die herrschsüchtige, skrupellose Managerin des Ex-Kinderstars, die keine Moral außer ihrer eigenen kennt und buchstäblich über Leichen geht. (So stell ich mir Frau Doktor von Zahnd aus "Die Physiker" vor ;-))

Ein hier noch nicht aufgezählter samtener Charakter wird aus dem Fenster gestürzt, worauf sich die Entwicklung grundlegend ändert...

Im engen TAM3 ist mir - erste Reihe - echt bange geworden, u.a. wenn Max mit blutverschmiertem Pyjama auf die Bühne gestürmt kommt. Sein bedauernswertes Schicksal lässt jedoch keinen unberührt und läutert im klassischen Sinne des Theaters seine Mitspieler und Betrachter.

Eine starke Leistung der jungen Darsteller/innen. Ein schönes Bühnenbild und die gekonnte Inszenierung machen, dass die Zeit viel zu schnell vorbei geht.

Beim wohlverdienten und langen Schlussapplaus merkte man heute noch die große Anspannung der Darsteller. - Ich wünsche ihnen unbedingt mehr Gelassenheit und noch viele begeisterte Zuschauer.

Also toi toi toi für die weiteren Aufführungen von "Der Samtene Sog", die am 2.,3.,5.,7. und 14. Mai im TAM3, am Alten Markt Bielefeld stattfinden!!!

Mit
Daniel Jokisch ist Benjamin Schwarz - eine Art "Arthur Dent", Otto Normalfremdgeher,
Evelyn Nolte ist Hannah, eine "Miss Naïve", ein Opfer der Umstände und Schwester von Max,
Jan Quakernack ist Max, das schwergeschädigte Opfer der Umstände, gemeingefährlich,
Sina Schneider ist Schwester Martha, eine TV-Predigerin und unbarmherzige Skavenhalterin,
Laurentia Schürmann ist das (Zimmer-)Mädchen vom Lande.

Inszenierung
Ann-Målin Eckert
Larissa Gogoll

Bühne und Kostüme
Olga Gromova

Coaching
Felicia Spielberger

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