Dienstag, 14. Februar 2017

geplättet

Beim morgendlichen Prokrastinieren auf owad.de entdeckte ich heute Morgen:

„he was smitten by her“
Definition: 
he was highly attracted to her
to be smitten (with sb.) = (in jdn.) verknallt/vernarrt sein
smitten with her beauty = in ihre Schönheit verknallt
smitten with her charms = von ihrem Charme eingenommen

Als jemand mit einer polnischen Nebenform von „Schmidt“ im Nachnamen, erkenne ich in „smit“ einen englischen Verwandten, der auch vom deutschen „Schmied“ herkommt und habe eine ganz andere Assoziation als die Wörterbücher: Ich bin „geplättet“. Das kommt einem Smith doch gleich viel näher!

Dienstag, 22. März 2016

Resonanz statt Beschleunigung: Hartmut Rosas Gegenentwurf - SPIEGEL ONLINE

Achtung eine neue Ideologie:
  • statt Entfremdung
  • statt Fetisch
  • statt Gott oder Mammon
  • statt Entschleunigung und Achtsamkeit

jetzt: Hartmut Rosas RESONANZ-Theorie.

Mein Interesse daran wird geweckt beispielsweise an einer Formulierung wie dieser:
Ich verstehe Heimat nicht nur als physische Konnotation, sondern als Idee: als Weltanschauung, die zu mir passt, als politische, berufliche, familiäre Heimat. Das Grundvertrauen in die Welt scheint wichtig zu sein: Steht mir die Welt als etwas Antwortendes, Gütiges gegenüber? Oder als etwas Feindliches? Dafür gibt es eine neurologische, hormonelle Basis. Dann glaube ich, dass psychologische Faktoren eine Rolle spielen, frühkindliche Erfahrungen, der Sozialisationsprozess in der Schule.
Merkwürdig daran finde ich aber: Rosa lehrt Soziologie und der Titel seines Buches lautet „Resonanz - eine Soziologie der Weltbeziehung“. Das klingt nach 19. Jahrhundert und Wilhelm Dilthey, das ist „klassisches Altertum“ und scheint alles andere als aktuelle soziologische Forschung zu sein. (Seit Ulrich Beck tot ist, geht anscheinend alles.)

Dem Konzept fehlt - auf den ersten Blick - das klassenkämpferische, kritische oder wenigstens ironisch-zynische Element, wie es in Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“ am Beispiel der Gamma- und Delta-Menschenzüchtung erscheint: Diese Menschen lieben Teer oder endlose Zahlenkolonnen, sie sind qua genetischer Programmierung auf „Resonanz“ mit den Tätigkeiten, die sie für die Gesellschaft ausüben.

Dennoch eine willkommene Lektüre, die Licht in die hohle Ideologie der „Entfremdung“ bringen könnte.

Samstag, 5. März 2016

Famous last words.

Wenn ich auf einer Sterbestation oder in einem Hospiz arbeiten würde, worüber würde ich mit den Menschen auf keinen Fall reden? Über ihren Tod. Darüber, was sie falsch gemacht haben, was sie inzwischen bereuen, aber nicht mehr ändern können etc. Ich fände es gemein, denn ich hätte noch die Chance, sie hätten sie nicht mehr.

Die Australierin Bronnie Ware hat acht Jahre als Palliativpflegerin in England gearbeitet und ihre Patienten genau das gefragt, wow! Doch mich beschleicht nun die Scheu davor, zu erfahren, was ich mit diesen Menschen möglicherweise gemeinsam habe und was ich in meinem Leben ändern müsste.

Warum? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, wenn ich meine Einstellung nicht ändere, werde ich auch das Versäumte und Vertane erst bereuen, wenn es zu spät dafür ist, etwas zu ändern. Warum also nicht von den Erkenntnissen und Ratschlägen der Sterbenden etwas fürs Leben mitnehmen. Sind wir nicht alle „Sterbende“ von Anfang an?

Frau Ware, die auch über „regret-free living“ bloggt, stellt in ihren als Buch erschienenen Erinnerungen fest, dass viele Leute die gleichen Dinge bereuen – und zwar allesamt solche, die sie eigentlich ohne grossen Aufwand hätten ändern können.

#5: «Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein»

«Viele realisieren bis zum Ende nicht, dass Glück eine Wahl ist. Stattdessen verharren sie in alten Mustern und Gewohnheiten. Aus Angst vor Veränderung tun sie gegenüber sich selbst und anderen so, als ob sie zufrieden seien. Doch tief in sich drin sehnen sie sich danach, mal wieder richtig zu lachen und albern zu sein.»

#4: «Ich wünschte, ich wäre mit meinen Freunden in Kontakt geblieben»

«Viele waren in ihrem Leben dermassen eingespannt, dass sie ihre Freunde während Jahren vernachlässigt oder ganz aus den Augen verloren hatten. Als sich ihr Leben dem Ende zu neigte, war es teilweise leider unmöglich, diese alten Freunde zu finden, um sie noch einmal zu sehen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass jeder Sterbende seine Freunde von früher vermisst.»

#3: «Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken»

«Viele Menschen haben ein Leben lang ihre Gefühle unterdrückt. Das führte dazu, dass sie sich nie zu jenen Menschen entwickeln konnten, die sie wirklich sein wollten. Ich denke, viele Krankheiten sind auf diese Unzufriedenheit zurückzuführen.»

#2: «Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet»

«Jeder männliche Patient hat diesen Satz gesagt. Sie bedauerten, die Kindheit ihres Nachwuchses und die Gesellschaft ihrer Partners verpasst zu haben.»

#1: «Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben»

«Die meisten der Sterbenden hatten nicht einmal die Hälfte ihrer Träume verwirklicht und mussten mit der Gewissheit sterben, dass sie selber dafür verantwortlich waren. Statt auf ihre eigenen Bedürfnisse zu hören, hatten sie das Leben gelebt, das andere von ihnen erwartet hatten.»



Freitag, 4. März 2016

Das geilste ist das Leben vor dem Tod.

…oder: Das Leben ist keine Generalprobe.

Als Schauspieler nehme man einen Traumschwiegersohn mit dem Hang zur Travestie und einen Jesusdarsteller, die zwei Todkranke auf der Schussfahrt ans Ende der Welt spielen, und schon kann aus einem tabuisierten Thema eine Komödie mit Aussicht auf Kinokasse werden: „Der geilste Tag“.

Mit Humor werden Botschaften transportiert, die anderenfalls oder anderenorts anstößig oder verstörend wirken würden: „Ist es fair, dass wir sterben müssen, ist es fair, dass du so eine bescheuerte Haarfarbe hast?“ - „Es gibt den Tod überhaupt nicht. Es gibt nur den Moment davor. Und der ist doch gar nicht so schlecht.“

Liegt es an der Fastenzeit, dass morbide Themen Konjunktur haben? Die Theatergruppe der Musik- und Kunstschule Bielefeld führt nächste Woche vom 10. bis 12. März jeweils abends um halb acht ihr Stück „Das Leben ist keine Generalprobe“ im renovierten Musiksaal der Muku, Burgwiese 9, 33602 Bielefeld auf. Auch hier dieselbe provozierende Ausgangssituation: Wie lebt man im Angesicht des Todes? Unterschied zum Film: hier sind alle schon tot.

Fortsetzung folgt.


Mittwoch, 24. Februar 2016

2016 ist nicht lustig

2016 gefällt mir immer weniger.

Soviele gute Leute haben seit Jahresanfang die Welt verlassen:
Zu den vielleicht nicht (mehr) so bekannten Namen gehören für mich
Kann es sein, es fällt mir vor allem deswegen auf, weil ich die Welt der Zurückgebliebenen für so hoffnungslos überfordert halte?

Heute ist wieder einer dazugekommen, der auf seine stille Art eine ganze Generation in Deutschland für Vernunft und Anstand „erzogen“ hat.

Nicht lustig: Peter Lustig ist tot

R.I.P. großer Lehrer.





Freitag, 25. September 2015

„Verbloggung führt zu Verblödung“


Na, wer hat’s gesagt?

Der Marx - der Kardinal, nicht der revolutionäre Sozialphilosoph. Reinhard Kardinal Marx, Erzbischof von München und Freising und nicht auf den Mund gefallener Westfale, die Rampensau unter den deutschen Bischöfen, einer der gern die Führung übernimmt und ein „gewichtiges Wort“ mitzureden haben möchte, diffamiert die Blogosphäre, einen Ort des freien kommunikativen Austauschs.

Warum sagt das ein intellektuell begabter Führungsoffizier der Kirche?

Haben wir nicht schon früher festgestellt, dass Organisationen generell und speziell die katholische Kirche dazu neigen, unliebsame Gespräche, Gesprächsteilnehmer und Gesprächsforen systematisch aus ihrer Wahrnehmung auszublenden, solange bis es nicht mehr vermeiden lässt, sie zur Kenntnis zu nehmen und sich ihnen argumentativ zu stellen? Ja, doch! (Luhmann, Systemtheorie, Seitenangabe folgt noch)

Wikipedia erklärt die „Blogosphäre“ so:

Der Begriff Blogosphäre (engl. „blogosphere“) beschreibt die Gesamtheit der Weblogs (kurz: Blogs) und ihrer Verbindungen. Er entspringt der Wahrnehmung, dass Blogs durch ihre Vernetzungen gemeinsam eine oder eine Vielzahl von Communitys bilden, beziehungsweise ein soziales Netzwerkdarstellen.

Und so antwortet Kardinal Marx auf die (rhetorische) Frage, ob sich die deutschen Bischöfe nicht vom „katholischen Fundamentalismus“, der in einigen Internetblogs verbreitet wird, distanzieren möchten:

„(Dazu) kann ich gar nichts sagen, es waren alles für mich neue Begriffe, die Sie da – ich kenn das nicht. Diese diese Blogs oder was.
Ich äh vielleicht ist das nicht richtig, aber ich lasse mich, das lass ich gar nicht an mich heran. Ist vielleicht ein Fehler, ich weiß nicht, aber ich tu das nicht.
(…) ich hab ja früher gedacht, ich hab das auch schon mal gesagt, wenn alle mit allen über alles reden, das wird den Diskurs verlebendigen und intensivieren, aber ich muss sagen, das Gegenteil ist eingetreten, die, diese Verbloggung führt auch zu Verblödung manchmal, nicht?
(…) es gibt diese Gefährdung, aber das Christentum hat in seinem Gründer ein so starkes Korrektiv, unüberbietbar, also wer kann sich denn auf Jesus von Nazareth berufen und einen anderen Menschen erniedrigen, wer kann das tun? Niemand kann das tun! Da muss doch jeder seinen klaren Kopf behalten und sagen, Du kannst ver… vielleicht ein intelligenter Mensch sein, aber Christ bist du nicht. So ist das halt. Wir ham klare Linien, wo die Grenze ist."


Gut gesprochen am Ende, leider nicht am Anfang

Das Bekenntnis zum freien Diskurs und zu den christlichen Grundsätzen als ein „starkes Korrektiv“ das ist wirklich würdig und recht! Aber Ignorieren und Wegschauen, geht überhaupt nicht.

Wie der Herr, so das G'scherr

Wenn das einer der führenden Kommunikationsoffiziere der katholischen Kirche öffentlich so erklärt, o mein Gott, wo leben seine grinsenden Beisitzer und die ganze klerikale Mannschaft dahinter bloß?!

Die Verteidigung gegen die „gefährlichen Verschwörer-Blogger“ machen wie üblich Freiwillige, Laien…wer sonst in dieser aussterbenden Organisation? Die christliche Idee wird sich ohne die Mutter Kirche im Rücken auch im Netz behaupten, wenn der Kardinal recht hat. Und vielleicht braucht sie diese Kirche dann auch irgendwann gar nicht mehr?

Mittwoch, 27. Mai 2015

Probleme, wo keine sind

Die Kirchen sind leer, jetzt sollen alle anpacken, die noch da sind. Die Strukturen werden zusammengefasst, die strikten Trennlinien zwischen Laien, theologischen Fachkräften und Geweihten brechen auf. Tausend Herausforderungen und Probleme.

Ja, wo ist nochmal das Problem?
"Intensive Kritik äußert Haslinger auch an der starken Beanspruchung von Laien als ehrenamtliche Mitarbeiter in der Pastoral: "Besonders bedenklich ist das Schema, den Gläubigen die Mitarbeit in der Gemeinde als Erfordernis ihrer 'Berufung' zu vermitteln". Passivität der Gläubigen würde ihnen demnach als Glaubensmangel vorgeworfen.“ - 
Zurück zur Seelsorge - katholisch.de
Vattaunsa sieht da kein Problem. Gerade darin sehen wir in der Kirche doch gegenwärtig die Chance.  Herr Haslinger hätte gern die alte Vollversorgerkirche wieder. Aber dort ist das Problem, und zwar gleich doppelt:
  1. Mit welchem Personal soll das gehen? Es gibt ja gegenwärtig keins und es ist auch keins in Sicht (1 Neupriester in Hamburg, 3 in Paderborn zu Pfingsten 2015).
  2. Ja, Priester sollen Seelsorger sein. Dazu müssen Sie sich aber auf diese anspruchsvolle Aufgabe konzentrieren können und nicht noch 1000 andere Jobs machen, die besser von Gemeindereferent*inn*en, Diakonen und geeigneten Laien gemacht werden können.
Das Problem ist in Wirklichkeit die Lösung für eine lahm und bedeutungs/leer gewordene Kirche, um wieder relevant, engagiert und lebendig zu sein. Da haben die Diözesen in Deutschland die Weichen imho schon ganz richtig gestellt. Jedenfalls habe ich in letzter Zeit keinen getroffen, der unter dem Vorwurf „Glaubensmangel“ gelitten hätte, weil es jetzt mehr Aufgaben für alle in der Kirche gibt!