Dienstag, 4. November 2014

Dem Vergessen entreißen und der Zukunft schenken.

Die Tage im November erinnern alljährlich an die universellste Eigenschaft des Lebens: sein Vergehen, den Tod und die Erinnerung an das Leben der Vorfahren.

Damit verbunden sind auch die Erinnerung an die erniedrigendsten Momente der Geschichte, in der Menschen sich aneinander größtmögliches Leid zugefügt haben, speziell am 9. November an den Beginn der Pogrome 1938 gegen deutsche Bürger jüdischen Glaubens und den Holocaust, den das nationalsozialistische Deutschland dem jüdischen Volk angetan hat.

Dazu gedacht gehört aber immer auch die Entstehung neuen Lebens und die Hoffnung auf die Überwindung des Leides und ein Leben über den Tod hinaus.


Am 9. November, dem "Schicksalstag der Deutschen" (Revolution, "Reichskristallnacht", Mauerfall) kommt vieles zueinander: Ende und Neubeginn.

Ich möchte euch hinweisen auf ein besonderes Konzert am kommenden Sonntag, den 9. November 2014 um 18 Uhr in der Martin-Luther-Kirche zu Gütersloh. Zur Aufführung gelangt die Vertonung der Abendfeier vor dem Sabbat, ein Werk von Heinrich Schalit.

Die Uraufführung fand im September 1932 in Berlins größter Synagoge statt und sorgte damals für öffentliches Aufsehen. Heute aber kennt man weder den Komponisten Heinrich Schalit, dem es 1933 gelang vor der NS-Gewaltherrschaft über Italien in die USA zu emigrieren und der dort bis zu seinem Tod 1976 als Komponist und Musiker an verschiedenen Synagogen tätig war, noch kennt man sein Hauptwerk, die Freitagabend-Liturgie für Kantor, Orgel und Chor.



Damit gehört Schalit zur Generation der verfemten und vergessenen Komponisten und Künstler:
Von der allgemeinen Musikwissenschaft wurde und wird Schalit kaum rezipiert. Im MGG wird er in Band VII nur am Rande im Zusammenhang des Artikels Jüdische Musik erwähnt. Riemanns Musiklexikon hat keinen Eintrag zu seiner Person. Aussagen zu ihm und seinem Werk sind verstreut in speziellen Büchern zur Jüdischen Musik bzw. Jüdischen Geschichte zu finden. Musikalische Analysen seiner Werke sind nicht vorhanden.
Immerhin gibt es inzwischen diesen Eintrag bei Wikipdia und in Zukunft vielleicht noch mehr, denn es lohnt sich, die Freitagabend-Liturgie von Heinrich Schalit dem Vergessen zu entreißen, zur Bewahrung des Andenkens, aber vor allem auch, weil es sich um ein wunderbares schönes Stück Musik handelt. In ihr verbindet der Komponist u. a. die sephardische Musiktradtion, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts neu in Europa rezipiert wurde, mit der klassischen Musik Deutschlands. Diese Kulturleistung wurde bekanntlich jäh unterbrochen. Ihr ist eine deutlich wahrnehmbare Fortsetzung in unserer globalisierten Zeit zu wünschen!

Ausführende sind:
  • Paul Yuval Adam, Kantor der Synagoge Beit Tikwa der jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld, 
  • Adrian Büttemeier (Detmold), Orgel,
  • Projektchor 2014 des Kirchenkreises Gütersloh.
Mit von der Partie ist das Blechbläserensemble ZION unter der Leitung von Joachim von Haebler mit Originalkompositionen für Blechbläser von Karol Rathaus, Mendelssohn u. a.

Die Gesamtleitung hat Kreiskantor Johannes Vetter.



9.11.2014, 18 Uhr, Martin-Luther-Kirche Gütersloh - Eintritt 12,-/8,- Euro.

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